Das ist Eugen Bolz im Alter von 47 Jahren, als er Staatspräsident von Württemberg war.
Fünf Jahre lang übte er das höchste Amt im Lande aus, vom Juni 1928 bis März 1933.
Eugen Bolz hat viele politische Ämter bekleidet. 1919, nach dem 1.Weltkrieg, wurde er mit 38 Jahren Justizminister des Landes und arbeitete vier Jahre in diesem Amt.
Sein ganzes Leben setzte er sich für die Demokratie ein.
Die Bürger und Bürgerinnen des Wahlkreises Rottenburg wählten Eugen Bolz zu ihrem Abgeordneten für den Landtag in Stuttgart. Den Wahlkreis Ellwangen/Aalen vertrat Eugen Bolz als Abgeordneter im Reichstag in Berlin.
Ein paar Jahre später. 1933 war das Jahr der Machtergreifung Hitlers.
Eugen Bolz war 51 Jahre alt. Einer aus der Nazi-Partei wurde neuer Staatspräsident von Württemberg. Eugen Bolz sah voraus – einer von wenigen – was kommen würde. In einem Brief an seine Frau schreibt er: „Man kann sich die innere Entwicklung nicht schlimm genug vorstellen“.
Während der Nazi – Herrschaft kann der ehemalige Staatspräsident nicht mehr politisch tätig sein. Er bleibt in Kontakt mit seinen politischen Freunden, entwirft Programme… |
Stuttgart 18. Juni 1933, vor dem Polizeipräsidium, Dorotheengasse 10. Der Pfeil zeigt auf Eugen Bolz.
„Um die Mittagszeit begann sich der Platz vor dem Gebäude mit jungen Leuten, die offenkundig herbeordert waren, und mit nie fehlenden Neugierigen zu füllen. Wohleingeübte Sprechchöre stießen die Rufe aus: »Heraus mit dem Landesverräter«, »Nieder mit dem Landesverräter«, »Landesverräter sollen aufgehängt werden«. Immer mehr Menschen wurden herbeigezogen, so dass auch die anschließenden Plätze dicht gefüllt waren, immer lauter und häufiger wurde das Geschrei, immer stärker die Spannung und Erregung. »Gegen ein Viertel vor 13 Uhr«, berichtet ein Augenzeuge, »öffneten sich plötzlich die Türen des Gebäudes und Bolz erschien auf der Schwelle, hinter ihm SA- und SS-Führer. Festen und ruhigen Blickes überschaute er die Masse auf der Straße. Wie gebannt hielt sie einige Augenblicke inne und selbst die wüstesten Schreier schwiegen. Da stand nun der Mann, den sie als Landesverräter beschimpft hatten, aufrecht und unerschrocken, gleichsam fragend: Was habt ihr gegen mich vorzubringen; Selbst in dieser Stunde imponierte er ihnen noch.« Erst als er das bereitgestellte Polizeiauto bestieg, brach die Furie los. Die Menge drängte mit wüstem Geschrei heran. Einzelne stiegen auf die Trittbretter, schrieen und spuckten den im Wagen sitzenden Altstaatspräsidenten an und schlugen ihn mit Fäusten.
Da die Lage bedrohlich wurde, zog einer der SA-Führer die Pistole und hob sie wie zum Schutz gegen die Angreifer. Die das Auto Umdrängenden wichen zurück und der Wagen konnte anfahren. Während er sich mühsam durch die dichte Menge kämpfte, wurde Bolz mit Pferdemist, faulen Eiern und Kohlestücken beworfen. Die Verfolger ließen erst ab, als der Wagen am Charlottenplatz vorbei in die Planie einbog und Richtung Schlossplatz davonfuhr.“
Am 12. Juli 1933 wird Eugen Bolz entlassen.
Er geht in das Kloster Beuron und lebt von einer kleinen Pension.
Wenig Freunde treffen sich regelmäßig in Stuttgart. 1941 trifft er sich zum erstenmal mit Carl Goerdeler, dem Organisator des Widerstandes. In der Stuttgarter Wohnung von Eugen Bolz. treffen sie sich häufig.
Im Mai 1944 erklärt sich bereit, ein Ministeramt in einer neuen Regierung zu übernehmen.
Das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 scheitert.
Am 12. Aug. 1944 wird Eugen Bolz von der Gestapo verhaftet.
Am 27. Aug. wird er nach Berlin gebracht, dann ins KZ Ravensbrück in Mecklenburg. Er wird verhört und gefoltert.
Am 19. Okt. 1944 können seine Frau und seine Tochter Mechtild ihn besuchen.
In einem Brief an seine Tochter schreibt er:
„17. Oktober. Liebe Mechtild! Du bekommst meinen Brief vor der Mutter in die Hand. Darum ein Wort an Dich. Vor allem meinen herzlichen Dank, daß Du so treu und fest zur lieben Mutter und mir hältst. Du durchlebst eine schwere Zeit, vielleicht wird sie noch schwerer. Sie wird Dich ausreifen. Leben und Eigentum gelten nichts mehr. Nur die Seele ist unerreichbar für alle äußeren Mächte. Ihr muss unsere ganze Sorge gelten, damit sie gestärkt und veredelt die ernste Zeit überwindet. Wenn in den kommenden Wochen die Flut der Zerstörung noch ansteigt, so wissen wir doch auch, dass auf Flut Ebbe folgt und auf Zerstörung Aufbau. – Noch etwas. Heute wirst Du erkennen, dass Du Deinen Beruf ausfüllen musst, bis übersichtliche Verhältnisse geschaffen sind. Sorge, dass Du ohne Verzögerung zu einem Abschluss (des medizinischen Studiums) kommst. Das macht Dich frei und gibt Dir Lebenskraft … Ich bemühe mich, in meiner einsamen Zelle eine gleichmäßige Stimmung zu halten, wenn es auch manchmal schwer ist. Gesundheitlich geht es mir gut. Die Herzbeschwerden haben nachgelassen. Meine Gedanken sind viel bei Euch.„ |
Ein Augenzeuge berichtet vom Prozess:“Leicht gebeugt steht der hochgewachsene ehemalige württembergische Staatspräsident Eugen Bolz vor seinen Richtern. Man sieht dieser weißhaarigen, ehrwürdigen Persönlichkeit keinerlei Erregung an. Leise, aber wohlüberlegt antwortet er ohne Stocken auf die oft gehässigen Fragen Freislers. Ruhig und nicht ohne Stolz schildert er seine Laufbahn vom Amtsrichter zum Präsidenten seiner württembergischen Heimat.
Selbst der kaltschnäuzige Freisler kann sich dem Eindruck dieser starken Persönlichkeit nicht entziehen.
Ein wahrer Edelmann wirkt gerade auf Henkernaturen durch stolze Ruhe.“
Am 23. Januar stirbt Eugen Bolz unter dem Fallbeil im Gefängnis Berlin-Plötzensee.
Ein Denkmal am Königsbau in Stuttgart, im Zentrum der Stadt, erinnert an sein Wirken und Schicksal. |